dislokationen-2
für Violine, Viola, Violoncello, Klavier+Sampler

UA 7. 11. 2010 München, HörBlicke 21, Lothringer13, Trio coriolis, Christoph Grund


Zur Uraufführung schrieb Klaus Kalchschmid:
Bei Nicolaus A. Hubers Klaviertrio aus dem Jahr 2006 ist man noch etwas abgelenkt, denn der Regen trommelt auf die Dächer der Ausstellungsräume der Lothringer13 und die verschiedenen, vielfach deutbaren Videos von Anna Witt laufen in allen möglichen Ecken weiter. Aber diese Interaktion ist ja Programm der „HörBlicke21“, die unter diesem Titel nicht ohne Grund zum Schauen und Lauschen bereits das dritte Mal einladen. Also ist das Wechselspiel von scharfkantigen, aggressiven Verläufen und plötzlicher Zartheit bei Huber manchmal nur als EIN Parameter neben anderen akustischen und optischen Reizen wahrnehmbar.
Mit Ludwig van Beethovens drittem Streichtrio aus opus 9 wird sich das ändern, denn die ungeteilte Aufmerksamkeit, die der 26-jährige Komponist einfordert, hat sich auch das „Trio Coriolis“ auf die Fahnen geschrieben. Michaela Buchholz (Violine), Klaus-Peter Werani (Viola) und Hanno Simons (Cello) demonstrieren eine Intensität und zugleich Klarheit der Diktion und des Zusammenspiels, die das Hören in jedem Takt, in jeder Phrase auf das klingende Ereignis konzentriert.
Derart innerlich gesammelt, wird die Uraufführung des Abends, Iris ter Schiphorsts „dislokationen-2“ – wieder mit Christoph Grund am Flügel, der nun auch ein Sampling Keyboard „bedient“ – zum Ereignis: „Dislokation“, also in unterschiedlichem Zusammenhang Faltung, Verwerfung, Verlagerung, Verschiebung bedeutend, geht auf das lateinische „dislocare“ zurück und ist aus der Musik immer wieder herauszuhören. Die beginnt ungemein energetisch, um über stehenden bzw. liegenden Klängen in feines Dialogisieren überzugehen. Allmählich erreicht sie wieder eine enorme Intensität, die fast unvermittelt in einen Scherzo-Teil mündet. Mehrfach klingt das Ganze wie Übermalungen bereits bekannten Materials, Leoš Janácek schimmert durch, verschiedene Spieltechniken wie gläserndes Flageolett oder im Kontrast dazu ein brachiales Martellato am Steg erzeugen die vielfältigsten Assoziationen bis das Stück immer reiner und puristischer wird. Und am Ende wünscht man sich wie so oft bei Uraufführungen: das spannende Stück in einer so exzellenten Interpretation gleich noch einmal hören zu dürfen!
Klaus Kalchschmid

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